Schwarz, schwarz, überall schwarz. Auf dem Wave-Gotik-Treffen in Leipzig.

Vatis Lieblingsfarbe ist, neben blau, ein gepflegtes Schwarz. Gern auch ein dunkles oder helles Schwarz. Selbst seine Musik, die er sich oft nur mit Kopfhören zu Gemüte führen darf, ist zwar melodiös, aber ebenfalls dunkel und düster – wie die Musiker der Bands, die sich gern der schwarzen Farbe annehmen.

Mithin ist er ein Freund der Schwarzen Szene, die sich einmal im Jahr am Pfingstwochenende quasi direkt vor meinem Königreich in Leipzig trifft. Aus vielen Ländern strömen Tausende Besucher zum traditionellen Wave-Gotik-Treffen und überziehen die Stadt drei Tage lang in ein sattes Schwarz.
Die oft sehr aufwendig gestylten, ebenso geschminkten und mit kunstvollen schwarzen Roben, Kostümen, Uniformen und Kleidern ausstaffierten Besucher jeglicher Altersklassen treffen sich zum Sehen und Gesehen werden, zum Besuch vieler dunkler Konzerte und Veranstaltungen rund um die Schwarze Szene.

Angesichts meiner üppig vorhandenen schwarzen Fellpracht habe ich mich förmlich aus dem Stand heraus zum Besuch und zur Teilnahme qualifiziert. Also auf zum 31. Wave-Gotik-Treffen, es gibt viel zu sehen. Mutti und Vati nehme ich natürlich auch noch mit.

Ein Bandana oder Hals- und Kopftuch soll mich also verzieren. Als ob ich nicht schon hübsch genug wäre! Nun denn, lassen wir Mutti & Vati ihre Freude, sofern es mich beim Laufen nicht stört. Ein bisschen Engagement und Sympathie kann man ja zeigen.

Weniger ist oft mehr.

Gebürstet, gekämmt und stilgerecht ausstaffiert startete ich am Samstagvormittag aufgeregt zu meinem ersten Besuch eines Wave-Gotik-Treffens. Schalten wir also um in den schwarzweiß Modus, erstes Ziel ist der Augustusplatz in der Leipziger Innenstadt.

Auf in's Getümmel!

Das Wave-Gotik-Treffen in Leipzig verteilt sich auf mehrere Standorte. Auf dem Augustusplatz bestaunte ich alte und teils recht schräg umgebaute Bestattungswagen. Ein bisschen schwarzen Humor sollte man hier schon besitzen und vielleicht nicht alles übermäßig ernst nehmen – der eine oder andere Witz ist durchaus leicht makaber. Die ersten hübsch gekleideten und gemächlich dahin schreitenden Teilnehmer ließen nicht lange auf sich warten und zogen die Blicke magisch auf sich. Ein paar Augen und Handys wurden auch in meine Richtung gedreht – klasse, das gefällt mir!

Weiter ging es in Richtung Moritzbastei. Da wir wohl etwas zu zeitig unterwegs waren, hielt sich das Aufgebot an schwarzen Besuchern auch hier noch in Grenzen – offensichtlich war man noch mit Schminken und dem Zurechtmachen für den Nachmittag und Abend beschäftigt. Dennoch begegneten wir einigen sehr sehenswerten Teilnehmern und selbst wenn man sich hier gern zeigt, zeugt es doch von Respekt und Anstand, nicht gleich jedem die Kamera vor das Gesicht zu halten.

Hier und da fragte Vati höflich nach einem Foto, bekam immer ein Nicken als Einverständnis und ein artiges Dankeschön, verbunden mit gut gemeinten Wünschen für ein schönes Wave-Gotik-Treffen, zeugt von Anstand und Benehmen.

Sehen und Gesehen werden ist das Motto.

Nach einem Stück Kaffee und Kuchen in der Leipzigs bekannter Pinguin Milchbar füllte sich Leipzigs Innenstadt zunehmend. Langsam durch die Gassen schlendernd, erfreuten wird uns am schwarzen Treiben und natürlich auch darüber, dass auch ~~wir~~ ich immer häufiger angesprochen, ob meines stattlichen Auftretens gelobt und selbst nach einem Foto gefragt wurde. Ich kann Euch sagen – Mutti und Vati sind vor lauter Stolz förmlich geplatzt. Gelegentlich hatte ich mehr Zulauf als manch' schwarzer Teilnehmer, sodass es mir fast schon unangenehm wurde.

Gelegentlich stand ich im Mittelpunkt des Geschehens.

Für einen hoch dotierten Werbevertrag hat es nicht gereicht – hätte ich aber für jedes Foto ein paar Euro verlangt, wäre am Ende des Tages bestimmt ein opulentes Abendessen für uns drei herausgesprungen. Ob ich jetzt berühmt werde?

Natürlich stehen beim WGT (dem Wave-Gotik-Treffen) deren Teilnehmer und nicht ein Berner Sennenhund im Mittelpunkt. Mitunter trauten sich Mutti und Vati aber dennoch nachzufragen, ob man sich mit mir fotografieren lassen würde und siehe da – wer freundlich fragt, wird nicht abgewiesen.

Vielen Dank an meine drei geduldigen Mitwirkenden!

Mein erstes Wave-Gotik-Treffen. Ich war dabei!

Die vielen Menschen und Gerüche, die ungewohnten Großstadt-Eindrücke und das Posieren für die Handyfotos und Passanten schaffen auch einen stämmigen Berner Sennenhund recht schnell. So langsam bekam ich kleine Augen und dem König verlangte es nach einer ausgiebigen Feierabendruhe. Bringe man mich nach Hause, mit mir ist heute nicht mehr viel anzufangen.

Das WGT zieht sich stets über die drei Tage zu Pfingsten und trotz mäßiger Wetterprognosen nutzten wir noch den tatsächlich sonnigen Pfingstsonntag für einen weiteren Besuch. Es gab einfach viel zu sehen, zu viel für nur einen Tag.

Wir schliefen in Ruhe aus, fuhren etwas später nach Leipzig und ließen uns wieder im Trubel der Großstadt treiben. Vati gönnte sich sein 11:05 Uhr Bierchen und wir konnten von unserem Logenplatz im Freisitz des Augustiner Gasthauses in Ruhe das Treiben und Vorbeiziehen der WGT-Besucher beobachten. Definitiv besser wie jegliches Fernsehprogramm.

Auf WGT-Beobachtungsposten.

Das schöne Wetter zog jede Menge Besucher in die Innenstadt und Restaurants und ja, ich stand recht schnell wieder im Mittelpunkt, wenn ich irgendwo aufkreuzte. Mutti und Vati haben es bestimmt genossen – war es doch einmal etwas anderes als das viele Wandern mit mir allein durch Wald und Flur. Stets habe mich von meiner besten Seite gezeigt, war lieb und artig – was aber wohl eher an der für mich ungewohnten Umgebung lag.

Natürlich gab es noch einige optische Hingucker, wogegen selbst ein königlicher 60 Kilogramm Berner Sennenhund nichts entgegen zu setzen hat.

Ein schwarzer Engel erscheint.

Schön war es, anstrengend war es. Die Eindrücke der zwei Tage waren eine Spur zuviel für mich – ich habe, zu Hause angekommen, geschlafen wie ein Stein, tief und fest geschnarcht und geträumt. Definitiv beschwerlicher als 10 Kilometer wandern.