Lustwandeln in der Heimat im Schloss und Park Pillnitz bei Dresden
Hormonell betrachtet, stecke nicht nur ich als Berner Sennenhund, sondern auch die Jahreszeit mitten im schönsten Frühling. Das Grün wird zur dominanten Farbe, es blüht und riecht an allen Ecken anders. Gute Laune macht sich breit, zudem der Blick auf den Wetterbericht noch einmal schönes Ausflugswetter verspricht.
Ehe uns die augenscheinlich zu schnell unterwegs gewesenen Eisheiligen heimsuchen, möchte Vati, altersbedingte Frostbeule, noch etwas Wärme bunkern und das von Mutti geäußerte Ansinnen zum Besuch des Schloss und Park Pillnitz in die Tat umsetzen.
Heißt: Alle lästigen Erledigungen zum anstehendenWochenende am Freitag vollziehen, damit der Samstag uneingeschränkt für des Königs Bespaßung zur Verfügung steht. Zeremonienmeister und Hofchauffeur – fahre man mir meinen Dienstwagen vor!
Der frühe Hund Vogel fängt den Wurm, nach zeitiger Abfahrt und einer gute Stunde Anreise in die Landeshauptstadt fanden wir tatsächlich einen Parkplatz an der Fähre Kleinzschachwitz. Ich bin bekanntlich fährerprobt, von daher sollte die kurze Überfahrt mit Dresdens einziger Autofähre über die Elbe kein Problem darstellen. Vati steht auf solche Spielereien, gönnen wir ihm also die Freude.
Wohlbehalten wenige Minuten später am anderen Elbufer und am Parkeingang angekommen, entrichteten wir brav den Eintritt und König Max betrat erhobenen Hauptes das ehemalige Reich von König August des Starken. König trifft König!
Das alte Rittergut, vormals Abstellbahnhof für die unliebsame Mätresse von König August des Starken, wurde später zur Sommerresidenz des sächsischen Königshofes umgebaut. Die Mätresse versauerte später auf Burg Stolpen und das Rittergut fand anschließend dank des königlichen Größenwahns zu seiner jetzigen Pracht.
Baukosten, Material und Arbeitszeit schien vor langer Zeit offenkundig keine Bedeutung gespielt zu haben. Mit meinen Eltern habe ich schon einiges im sächsischen Schlösserland gesehen – aber was sich mir hier eröffnete, war schon gewaltig. Die fulminant angelegten Parkanlagen mit dem frischen Grün, die vielen Farbtupfer in den Gärten und die verschwenderischen Prachtbauten sind ein Fest für die Augen. Hier kann ich mit meiner kleinen Hundehütte nicht ganz mithalten.
So lustwandelten auch wir durch den riesigen Lustgarten vorbei an Wasserpalais, Neuen Palais und Bergpalais. Heerscharen von Dienern liefen uns nicht mit Sonnenschirmen, Gebäck und Wein hinterher – nur Vati mit seiner Kamera, sichtlich überfordert ob der Vielfalt der vielen Motive.
Für meine dicke Nase gab es ordentlich Arbeit und das langsame Laufen bei den warmen Temperaturen forderte gelegentliche Ruhe– und Trinkpausen ein. Zum Glück sind die Museen und Ausstellungen für Vierbeiner nicht zugänglich, was mir und dem Personal zusätzliche Aufregung ersparte – die Parkanlagen sind schon groß genug und an einem Tag eigentlich kaum zu schaffen.
Am Fliederhof stand der Flieder in voller Pracht und sorgte ob seines Duftes für verhaltene Begeisterung meiner Mutti. Folgend, an der Löwenkopfbastei, erwarteten mich eine schöne, kalte Terrasse zum Ausruhen und Ausblicke auf die Elbe und die historischen Raddampfer – was wiederum mich nicht sonderlich interessierte.
Ein Kaffee und Stück russischen Zupfkuchen später, natürlich wieder nur für meine Eltern, lustwandelten wir weiter durch den Chinesischen Garten zum Palmenhaus. Hier übermannte mich dann doch die Versuchung einer Abkühlung in Form des kleinen Springbrunnens. Die Freude währte allerdings ob des brackig und veralgten Wassers nur kurz, da mich Mutti unmissverständlich mit scharfem Ton heraus beorderte. Vati meinte, dass er so etwas auch kennt, flüsterte das aber nur leise vor sich hin. Zum Glück hat es Mutti nicht gehört und die Parkaufsicht meinen Abstecher nicht gesehen. Beides hätte Ärger gegeben.
Entlang der Orangerie und des Englischen Gartens konnte meine königliche Robe trocknen und das viele Lustwandeln fand zum Nachmittag sein Ende. Genug gesehen, genug laufen, genug geschnüffelt.
Fährmann hol' über – der König möchte nach Hause!